Ich wundere mich hin und wieder sehr über mich selbst. Wie weit Herz und Logik auseinander gehen und scheinbar völlig ungehindert nebeneinander existieren können ohne das ich in eine tiefe Sinnkrise gerate.
Beim Training der letzten Wochen habe ich mir einen Nerv eingeklemmt. Dieser Verklemmung hat den unangenehmen Effekt, das mir plötzlich meine linke Brusthälfte sehr weh tat. Da mein Geist sowieso schon durch die Diabetes in den Knien war kam dieser Schmerz denkbar schlecht. Ich dachte doch tatsächlich das ich nur noch wenig Zeit zum Leben habe, weil mein Herz nun auch schlapp macht.
Und an dieser Stelle kam es zu dieser völligen Streitsituation zwischen Logik und Emotionen. Mein Herz sagte mir das ich darauf hoffen sollte das sich das wieder fängt und das ich ja unzerstörbar bin. Und das trotz der Diabetes. Die Logik flüsterte mir zu ich solle doch zum Azrt gehen und das abklären lassen. Was allerdings zur Folge gehabt hätte, in schlechtesten aller anzunehmenden Fälle, das der Arzt meine Hoffnung zerstört und mir sagt ich solle keine Langspielplatte mehr auflegen. Denn wir wissen ja: „ Hoffnung ist nur Mangel an Informationen!“
Auf diese Weise vegetierte ich zwei Wochen lang herum, blieb in meinem Zimmer, rief niemanden an und sah mir die erste Staffel von Ally McBeal an. Ich liess die Geburtstagsfeier eines Freundes der 30 wurde ausfallen und bemitleidete mich um mein baldiges Ende. Ich sprach mit niemandem darüber erst nach diesen zwei Wochen weihte ich Koko in meine Situation ein. Dieser sagte ich solle mir keine Birne machen und zum Arzt gehen.
Nun, Anfang dieser Woche war ich, mal wieder, beim Arzt. Schon als ich ihr die Symptome erklärte winkte meine Ärztin ab und versuchte mich zu beruhigen.Ich beharrte darauf das wir das aber sicher abklären. Sie nahm mir Blut ab und legte mich ans EKG und behielt recht alles tutti paletti.
Warum erzähle ich das alles? In diesen zwei Wochen im dunklen Tal versuchte ich mich auf tausend Weisen abzulenken. Ich kaufte mir Everquest 2 und stieg wieder in ein Online-rpg ein. Ich nutzte jede Gelegenheit um mein Hirn abzuschalten und nicht über meine Situation nachdenken zu müssen. Doch kaum hatte ich die Diagnose meiner Ärztin waren all diese Ablenkungen wieder langweilig, ich kann mich nicht mehr dafür begeistern. Überhaupt gibt es momentan nur sehr wenig was langfristig meine Aufmerksamkeit zu fesseln versteht. Länger als zwei Stunden am Stück vor dem Rechner erscheinen mir als leer. Die Ideen in den Spielen finde ich abgelutscht und langweilig.
Worauf ich aber eigentlich herauswill ist folgendes. Die Erkenntnis das ich Everquest 2 kaufte und spielte um aus der Realität zu entfliehen weil es mir schlecht ging, drängelt mir die Frage auf wie Scheisse es mir gegangen sein muss, daß ich anderthalb Jahre lang World of Warcraft zu meinem Lebensinhalt gemacht habe. Ich habe zum Teil ganze Tage am Stück vor dem Rechner gehockt und habe alles um mich herum vergessen. Wie Scheisse muss es mir gegangen sein?
Also kann ich resümieren, mir geht es gut und besser als seit langem. Ich freue mich am Leben. Ich habe keine Lust mehr es einfach wegplätschern zu lassen und mich zu betäuben. Ich habe 12 kg abgenommen und das macht mir eines klar. Ich hielt es immer für unmöglich jemals mein Gewicht zu reduzieren. Es erschien mir ein riesiges Hindernis zu sein das ich nie bewältigen kann. Und nun wo ich voll dabei bin und sehe das sich etwas bewegt, bin ich voller guter Dinge. Es scheint mir als sei nichts im Leben wirklich unveränderlich. Man muss nur den Arsch hochnehmen und sich reinhängen. Es ist wirklich bedauerlich wieviel Zeit ich verschwendet habe um zu dieser Erkenntnis zu gelangen. Und doch zieht es mich nicht runter, denn ich bin glücklich darüber es nun zu wissen und noch genügend Zeit zu haben etwas aus dieser Erkenntnis zu machen. Alles wird gut.
Ein frohes Fest euch allen.